Was macht ein König, der des Schreibens unkundig ist, aber eine gebildete Gattin besitzt? Er hört auf ihren Rat: Ich schreibe für Dich und Du unterschreibst, zwei senkrechte Striche und ein Strich quer, fertig ist das „H“ für Heinrich“. (Wenn die Geschichte nicht stimmt, so ist sie gut erfunden.) Dem Andenken des Königspaares aus dem 9.Jahrhundert ist die Quedlingburger Stiftskirche gewidmet. Dort ist Heinrich I bestattet worden und seine Witwe Mathilde gründete an dem Ort ein Damenstift, das als Memoria die Erinnerung an ihren Gatten nicht nur bewahren, sondern besonders durch mehrmalige tägliche Gebete auch pflegen sollte. Das „Kaiserlich freie weltliche Reichsstift“ bestand bis 1802.
Im 11.Jahrhundert wurde die heutige flachgedeckte Stiftskirche St.Servatius auf den Überresten dreier Vorgängerbauten erbaut. Ursprünglich war die Kirche farbig gefasst. Lombardische Steinmetzen haben Zeugnisse ihrer Kunstfertigkeit hinterlassen, besonders bei den Kapitellen.
Die Nationalsozialisten entweihten die Kirche, beraubten sie jeglicher kirchlichen Ausstattung, den gotischen Hochchor versahen sie im Inneren mit einer pseudo-romanischen Apsis. Die SS machte den Ort zu einer „Weihestätte“ und Heinrich I. missbrauchten sie, indem sie ihn zu einer „germanischen Führerfigur“ verklärten.
Die Amerikaner gaben das entweihte Gotteshaus 1945 wieder an die Gemeinde zurück. 2006 erhielt die Kirche das Triumphkreuz von Thomas Leu, das den Gekreuzigten und Auferstandenen Christus zeigt. Ein majestätischer Raum, dessen Schmucklosigkeit vor dem Hintergrund der Nazi-Barbarei sehr nachdenklich macht.
Unten in der Stadt taucht man ein in eine andere Welt. 2400 Fachwerkhäuser aus 8.Jahrhunderten begleiten den Besucher auf Schritt und Tritt. Viele restauriert, nicht wenig immer noch in einem erbarmungswürdigen Zustand. Der Status des „Welterbes“ hilft an vielen Stellen bei der Wiederaufbauarbeit.
In Gernrode entstand im 10.Jahrhundert die Kirche eines von Gero gegründeten Damenstifts. Gero hatte auf einer Reise nach Rom Reliquien des hl. Cyriakus erhalten, die in dem prächtigen Bau ihre Heimat fanden. Mit der Aufhebung des Stiftes 1616 begann die Kirche zu verfallen. Die Stiftsgebäude, die im 18. Jahrhundert noch fast vollständig erhalten gewesen sind, wurden im 19. Jahrhundert abgebrochen.
In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderte, im Zeitalter des Historismus, wurde man auf den heruntergekommenen Bau aufmerksam. Ferdinand von Quast beauftragte man mit der Restaurierung beauftragt. Er bewahrte die originalen Bauformen, gestaltete aber die Ausmalung nach seinen Vorstellungen. Die bunten Fresken an Ost- und Westapsis geben einen guten Eindruck von der Farbwirkung romanischer Kirchen. (auch in der Liebfrauenkirche in Halberstadt war er tätig gewesen – siehe vorhergehenden Blogbeitrag)
Im 11.Jahrhundert entstand im südlichen Seitenschiff der Nachbau des Heiligen Grabes aus der alten Grabeskirche in Jerusalem, das älteste Heilige Grab in Deutschland. Auf der Stirnseite begegnet uns Maria-Magdalena, die „Apostolin der Apostel“.